Das Bundesgericht veröffentlicht unermüdlich wegweisende Urteile. Um dieser Flut an Rechtsprechung Herr zu werden, fassen wir wöchentlich die relevantesten Urteile kurz und knapp zusammen. Diese kurze Übersicht wird in Zukunft regelmässig veröffentlicht. Ziel ist es dabei nicht, sämtliche Punkte aller Urteile wiederzugeben. Vielmehr soll dem interessierten Leser die Möglichkeit eröffnet werden, sich aktuell und zeitsparend über die ihn interessierenden Urteile auf dem Laufenden zu halten. Der Fokus liegt dabei auf den deutschsprachigen Urteilen, wobei jedoch die französischsprachigen und italienischsprachigen Urteile zeitnah nachgereicht werden. Wir hoffen, damit einen kleinen Beitrag an die Schweizer Juristerei liefern zu können und freuen uns über sämtliche Rückmeldungen und Ergänzungen.
29.09.2025 – 06.10.2025
Bundesgerichtliche Rechtsprechung
Zusammengefasst von Helena Rosenbusch
2C_597/2024 * (16.09.2025) Die FINMA ordnete die Liquidation der A. AG an, da sie zusammen mit ihren Ankeraktionären ohne Bewilligung als Emissionshaus bzw. Wertpapierhaus tätig gewesen war – eine Verfügung, die das Bundesverwaltungsgericht bestätigte, worauf die A. AG Beschwerde erhob. Das Bundesgericht hielt fest, dass zwischen den Beteiligten eine aufsichtsrechtliche Gruppe bestand, die gewerbsmässig Effekten von Drittpersonen emittierte und diese auf dem Primärmarkt weiterverkaufte. Es betonte, dass die Bewilligungspflicht nicht durch formale Aufspaltung oder sogenannte „Durchlauftransaktionen“ umgangen werden darf; eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung ist geboten, sobald enge personelle und organisatorische Verflechtungen bestehen (Art. 5 FINMAG, BGE 136 II 43 E. 4.3.1). Die internen Aktienübertragungen zwischen den Ankeraktionären wurden als blosse Vorbereitungshandlungen ohne wirtschaftliche Bedeutung gewertet, und die A. AG galt bei der Erstemission ihrer Aktien trotz späterer Gruppenzugehörigkeit als Drittperson im Sinne von Art. 3 Abs. 2 BEHV – somit lag keine bewilligungsfreie Selbstemission vor. Während des Verfahrens wurde die abgespaltene B. AG als Rechtsnachfolgerin einbezogen, da sie Vermögenswerte der A. AG übernommen hatte und von der Liquidation unmittelbar betroffen war. Eine Teilliquidation lehnte das Gericht ab, weil die unerlaubte Tätigkeit zentral und andauernd war, unrechtmässige Mittel mit erlaubten Einnahmen vermischt wurden und aufgrund der unveränderten Führungsstrukturen weiterhin ein erhebliches Risiko für erneute Gesetzesverstösse bestand.
19.09.2025 – 28.09.2025
Bundesgerichtliche Rechtsprechung
Zusammengefasst von Helena Rosenbusch
5A_802/2024 * (28.08.2025) Die A. S.A. erwirkte in Zürich einen Arrestbefehl gegen Vermögenswerte der B. Ltd., darunter insbesondere Konten bei der Bank C. AG, gestützt auf ein luxemburgisches Urteil. Im nachfolgenden Verwertungsverfahren stellte sich heraus, dass das SECO diese Vermögenswerte aufgrund der Ukraine-Verordnung bereits gesperrt hatte. Vor Bundesgericht rügte die Gläubigerin, dass in casu keine analoge Anwendung von Art. 44 SchKG in Frage komme. Hierbei stützte sie sich vorwiegend auf das vorhergehende Urteil BGE 131 III 652. Das Bundesgericht erwiderte unter Verweis auf die Rechtsprechung, dass Art. 44 SchKG auch in der aktuellen Fassung analog auf Vermögenssperren gemäss einer vom Bundesrat gestützt auf Art. 184 Abs. 3 BV erlassenen Verordnung anzuwenden sei. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass sowohl auf Art. 184 Abs. 3 BV als auch auf Art. 2 EmbG beruhende Verordnungen des Bundesrats den in Art. 44 SchKG vorbehaltenen Gesetzen gleichzustellen sind. Auf diese Verordnungen gestützte Vermögenssperren gehen der Zwangsvollstreckung nach dem SchKG vor. Folglich wies das Bundesgericht die Beschwerde ab und auferlegte der Beschwerdeführerin Gerichtskosten von CHF 3’000.–.
5A_624/2024 * (27.08.2025) A. errichtete 2017 einen Vorsorgeauftrag und bestimmte nacheinander ihren Ehemann sowie ihre Söhne C. und B. als Beauftragte. Nach dem Tod des Ehemanns validierte die KESB den Auftrag nur teilweise: Sie setzte C. als Vorsorgebeauftragten im Bereich Personensorge ein und errichtete ergänzend eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung gemäss Art. 394 i.V.m. Art. 395 ZGB, wogegen A., B. und C. Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht trat auf die Beschwerden von A. und B. nicht ein, die Beschwerde von C. war zulässig, soweit er seine eigene Einsetzung für Vermögenssorge und Rechtsverkehr verlangte. Das Gericht stellte diesbezüglich klar, dass das Selbstbestimmungsrecht der auftraggebenden Person weitgehend zu berücksichtigen ist und die Eignung einer gewünschten Person nur zurückhaltend verneint werden darf. Ein möglicher Familienkonflikt reicht nicht, um jemanden als ungeeignet einzustufen. Weil das Obergericht den Sohn C. allein wegen eines möglicherweise verschärften Konflikts mit seinem Bruder B. als ungeeignet für die Vermögenssorge einstufte, verletzte es Art. 363 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB. Die Beschwerde von C. wurde gutgeheissen, der Entscheid aufgehoben und die Sache an die KESB zur neuen Beurteilung zurückgewiesen.
9C_590/2024 * (27.08.2025) Das Bundesgericht hatte über die Mehrwertsteuerpflicht einer niederländischen Online-Buchungsplattform in der Schweiz zu entscheiden. Es qualifizierte die Leistungen als elektronische Dienstleistungen im Sinne des MWSTG, da sie über das Internet, weitgehend automatisiert und nur mithilfe von IT erbracht werden können. Da die Plattform ihre Leistungen bereits vor ihrer Eintragung bei der ESTV auch an nicht steuerpflichtige Empfänger in der Schweiz erbrachte, darunter Privatpersonen und nicht registrierte Unternehmen, greift die Gegenausnahme zur Steuerbefreiung und eine rückwirkende Steuerpflicht tritt gemäss Art. 10 MWSTG ein. Das Bundesgericht bestätigte die Nachforderungen samt Verzugszinsen und wies die Beschwerde der Plattform ab.
10.09.2025 – 18.09.2025
Bundesgerichtliche Rechtsprechung
Zusammengefasst von Helena Rosenbusch
2C_49/2024 * (06.08.2025) Das Bundesgericht beurteilte die Beschwerde einer polnischen Podologin, die ihr Diplom als gleichwertig mit dem schweizerischen Diplom Podologin HF anerkennen lassen wollte. Es verneinte einen Anspruch auf automatische Anerkennung nach Richtlinie 2005/36/EG, da der Beruf in Polen nicht reglementiert ist und die Beschwerdeführerin keine zweijährige Berufserfahrung in einem nicht-reglementierten EU-Staat vorweisen konnte. Eine subsidiäre Gleichwertigkeitsprüfung nach dem Freizügigkeitsabkommen war zwar durchzuführen, ergab aber erhebliche Unterschiede zwischen der polnischen Ausbildung (primär kosmetische Podologie, kaum klinische Praxis) und der schweizerischen HF-Ausbildung, sodass fehlende Kenntnisse nicht durch die Berufserfahrung in der Schweiz kompensiert werden konnten. Ausgleichsmassnahmen würden faktisch das Nachholen der gesamten HF-Ausbildung erfordern, was als verhältnismässig erachtet wurde. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und bestätigte die Verweigerung der HF-Anerkennung, auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) blieb erfolglos.
6B_1327/2023 * (31.07.2025) Der Beschwerdeführer war wegen mehrfacher Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz erstinstanzlich zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt worden; das Obergericht erhöhte nach Berufung und Anschlussberufung die Strafe auf 21 Monate, wovon 10 Monate unbedingt zu vollziehen sind. Der Beschwerdeführer rügte daraufhin eine Verletzung des Verschlechterungsverbots im Sinne von Art. 391 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 404 StPO. Das Bundesgericht stellte klar, dass Strafmass und bedingter Vollzug untrennbar verbunden sind und die Verschärfung der Sanktion wegen der Anschlussberufung zulässig war (Art. 391 Abs. 2 StPO; BGE 144 IV 383). Es verneinte eine Bindung der Berufungsinstanz an die Strafobergrenze des erstinstanzlichen Einzelgerichts, da Art. 19 Abs. 2 StPO nur die Organisation der ersten Instanz regelt und die volle Kognition des Berufungsgerichts nicht einschränkt (Art. 398 Abs. 2 StPO). Angesichts erheblicher einschlägiger Vorstrafen, Hartnäckigkeit und fehlender Einsicht bejahte das Gericht eine ungünstige Legalprognose für einen vollbedingten Vollzug und bestätigte die teilbedingte Freiheitsstrafe (Art. 42 f. StGB). Eine Verletzung der Begründungspflicht wurde verneint, die Beschwerde wurde abgewiesen und dem Beschwerdeführer Gerichtskosten von CHF 3’000 auferlegt.
12.08.2025 – 09.09.2025
Bundesgerichtliche Rechtsprechung
Zusammengefasst von Helena Rosenbusch
8C_411/2024 * (11.08.2025) Der 2012 geborene Versicherte leidet an Amelogenesis imperfecta (angeborene Zahndysplasie) und beantragte bei der IV-Stelle Luzern wiederholt medizinische Massnahmen, die jeweils abgelehnt wurden. Das Bundesgericht stellte klar, dass der Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen nicht erst mit vollständiger Manifestation entsteht, sondern bereits dann, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Kriterien erfüllt sein werden. Da bei einem 2012 geborenen Versicherten mit Amelogenesis imperfecta radiologisch ein Befall von mindestens zwölf Zähnen absehbar war, qualifizierte das Gericht die Erkrankung als Geburtsgebrechen. Es hob die ablehnende Verfügung der IV-Stelle Luzern auf und wies die Sache zur Neubeurteilung zurück.
5A_808/2024 * (24.07.2025) Das Bundesgericht hatte zu beurteilen, ob das Betreibungsamt Oberland/BE berechtigt war, die in Genf verarrestierten Vermögenswerte eines Schuldners rechtshilfeweise pfänden zu lassen, nachdem die Gläubigerin den Arrest am damaligen Wohnsitz des Schuldners prosequiert hatte. Es stellte klar, dass die Revision des Arrestrechts 2009/2011 einen einheitlichen schweizweiten Vollstreckungsraum geschaffen hat, der es erlaubt, mehrere Arreste mit einer einzigen Betreibung an einem Arrestort oder am Wohnsitz des Schuldners zu prosequieren. Verlegt der Schuldner seinen Wohnsitz ins Ausland, kann die Betreibung am Arrestort fortgesetzt werden, beschränkt auf die dort verarrestierten Vermögenswerte (Art. 53 SchKG). Auch ohne ausdrückliche Bestimmung eines Lead-Betreibungsamtes ist es zulässig, dass das Betreibungsamt, bei dem die Prosequierung läuft, andere Betreibungsämter rechtshilfeweise zur Pfändung anweist. Die Beschwerde des Schuldners wurde abgewiesen; die Vorgehensweise des Betreibungsamtes Oberland/BE war bundesrechtskonform.
BGE 2C_416/2024 + 2C_417/2024 * (29.07.2025) Das Bundesgericht hatte über die Staatshaftung nach Art. 146 BV sowie die Zuständigkeit im Verantwortlichkeitsverfahren gemäss VG zu entscheiden, nachdem ein Asylbewerber in einem von der H. AG betriebenen Bundesasylzentrum verstorben war. Es klärte, dass die H. AG lediglich Hilfstätigkeiten für den Bund erbringt und keine öffentlich-rechtliche Aufgabe im Sinne von Art. 19 VG wahrnimmt. Folglich ist der Bund direkt haftbar, und das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) ist zuständig für die Behandlung der Ansprüche. Zudem hiess das Gericht auch die Beschwerde des unentgeltlichen Rechtsvertreters gut, da das vom BVGer zugesprochene Honorar von CHF 1’000 als willkürlich tief eingestuft wurde. Beide Beschwerden wurden gutgeheissen, das Urteil des BVGer aufgehoben und die Sache an das EFD bzw. BVGer zurückgewiesen.
5A_375/2025 * (11.08.2025) Das Bundesgericht befasst sich im Urteil 5A_375/2025 mit der Frage der Aufhebung einer Konkurseröffnung. Die A. AG hatte gegen die Konkurseröffnung durch das Kantonsgericht Zug Beschwerde eingelegt, da sie die Forderung der B. AG beglichen hatte, jedoch die Gerichtskosten erst nach der Konkurseröffnung zahlte. Das Obergericht des Kantons Zug wies die Beschwerde ab, da die vollständige Begleichung der Schuld vor der Konkurseröffnung nicht nachgewiesen wurde und die Zahlungsfähigkeit der A. AG nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Das Bundesgericht bestätigt, dass zur Aufhebung der Konkurseröffnung die Zahlungsfähigkeit glaubhaft gemacht werden muss, wenn die Schuld erst nach der Konkurseröffnung beglichen wird. Die Beschwerde der A. AG wird abgewiesen, da sie ihre Zahlungsfähigkeit nicht ausreichend nachweisen konnte.
14.07.2025 – 11.08.2025
Bundesgerichtliche Rechtsprechung
Zusammengefasst von Gian-Manuel Weber
2D_14/2024 * (19.05.2025) Die A. AG reichte als Bestbieterin ihr Angebot für Holzelementbauarbeiten für einen Kindergarten am 28. Juni 2023 um 21:47 Uhr ein. Laut Ausschreibungsplattform galt 16:00 Uhr als Fristende, in den Unterlagen hingegen nur das Datum. Die Vergabebehörde schloss A. AG wegen angeblich verspäteter Abgabe aus und vergab den Auftrag an eine Konkurrentin. Den Vertrag schloss sie bereits am 5. September 2023 – einen Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist und vor Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das Bundesgericht hat entschieden, dass der Vertragsabschluss am ersten Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist und bevor dem Verwaltungsgericht die Möglichkeit zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung bestand, einen Verstoss gegen die Stillhalteregelung (Art. 42 Abs. 1 IVÖB) darstellt (E. 4.4. ff.). Der verfrühte Vertragsabschluss war somit vergaberechtswidrig. Das Bundesgericht wies die Sache an das Verwaltungsgericht zurück, um die möglichen Primärrechtsschutzmassnahmen (insbesondere Anweisung zur Vertragsauflösung/-änderung) unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips zu prüfen (E. 5).
4A_5/2025 * (26.06.2025) Der Fall betraf einen langjährigen Arbeitnehmer, der 2008 in seiner Funktion als Country Manager ein Konkurrenzverbot mit zweijähriger Dauer und Karenzentschädigung vereinbart hatte. Nach seiner Kündigung und Freistellung versuchte die Arbeitgeberin kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses, das Konkurrenzverbot samt Entschädigung einseitig aufzuheben. Das Bundesgericht folgte der Vorinstanz, welche die räumliche Begrenzung des Konkurrenzverbots auf die Schweiz für gültig hielt (E. 2.5), da keine Anhaltspunkte für Tätigkeiten ausserhalb der Schweiz bestanden. Zudem bestätigte es seine Praxis, wonach ein entgeltliches Konkurrenzverbot ein zweiseitiger Vertrag ist, bei dem die Karenzentschädigung die Gegenleistung für den Wettbewerbsverzicht darstellt. Ein einseitiger Verzicht des Arbeitgebers mit Wegfall der Entschädigung ist nur zulässig, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde (E. 4.4.4.). Da das Konkurrenzverbot gültig war, nicht einseitig aufgehoben werden konnte und keine Anrechnung von Ersatzeinkünften vorgesehen war, wies das Bundesgericht die Beschwerde der Arbeitgeberin ab.
4A_528/2024 * (26.06.2025) Das Bundesgericht wies ein zweites Revisionsgesuch der Volksrepublik China gegen einen Zuständigkeitsentscheid eines Genfer Schiedsgericht ab. China berief sich auf ein Strafurteil aus dem Jahr 2024 und machte neu entdeckte Beweismittel gemäss Art. 190a Abs. 1 lit. a IPRG sowie eine Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen geltend. Das Gericht verwarf den ersten Grund, da das Stafurteil nach dem angefochtenen Entscheid von 2021 ergangen war und damit nicht zulässig ist (E. 3.3.). Die von China behaupteten Straftaten und Falschaussagen wurden nur in Bezug auf eine von vier Aktienübertragungen konkretisiert, ein genügender Kausalzusammenhang zum Zuständigkeitsentscheid fehlte. Zudem hatte das Schiedsgericht seine Zuständigkeit ausschliesslich auf den Aktienbesitz des Investors gestützt und die Frage der Landnutzungsrechte ausdrücklich als nicht entscheidrelevant bezeichnet (E. 5.3). Mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen wurde das Revisionsgesuch abgewiesen.
9C_121/2024 * (23.06.2025) Das Bundesgericht befasste sich vorliegend mit einem Fall, in welchem ein Mann, der 2006 seiner Schwester eine Niere spendete und dabei dauerhafte Nervenschädigung erlitt. Nachdem der frühere Krankenversicherer der Empfängerin bis Ende 2014 teilweise Entschädigung ausgerichtet hatte, verlangte der Spender von der OKP der Empfängerin CHF 940’000.00 Erwerbsausfallersatz. Das Bundesgericht wies die Beschwerde in Bezug auf die krankenversicherungsrechtlichen Ansprüche ab, da ein direkter Anspruch des Spenders gegenüber dem OKP-Versicherer der Empfängerin mangels versicherungsrechtlicher Grundlagen nicht besteht. Bezüglich des geltend gemachten transplantationsrechtlichen Anspruchs nach Art. 14 Abs. 2 lit. b Transplantationsgesetz hob es den Entscheid des Verwaltungsgerichts Thurgau aus formellen Gründen auf: Dieser Anspruch gehört zum übrigen Bundesverwaltungs- bzw. Gesundheitsrecht, weshalb das kantonale Sozialversicherungsgericht nicht zuständig war und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht hätte überweisen müssen.
9C_664/2024 * (03.06.2024) Ein Immobilienfonds mit direktem Grundbesitz im Kanton Zürich war dort beschränkt steuerpflichtig und hatte für die Jahre 2014/2015 und 2015/2016 ausserordentliche Abschreibungen auf einer Liegenschaft in U. (BE) vorgenommen. Diese Wertminderungen waren in den Jahresrechnungen nach KAG korrekt verbucht, aber in den Steuererklärungen nicht geltend gemacht und deshalb bei den Veranlagungen unberücksichtigt geblieben. Ab 2016/2017 erstellte die Fondsleitung erstmals eine Jahresrechnung nach OR und erfasste die Liegenschaft zu den ursprünglichen Anschaffungskosten, um anschliessend eine „ausserordentliche Abschreibung“ über den gesamten seit 2014/2015 eingetretenen Wertverlust vorzunehmen. Das Bundesgericht hielt fest, dass die erstmalige Umstellung auf OR-Rechnungslegung keine Einbuchung zu Anschaffungskosten erlaubt, wenn der Verkehrswert bereits tiefer liegt (E. 3.2). Die Vorgehensweise der Fondsleitung führte zu einer doppelten Erfassung der früheren Wertminderungen und verstösst gegen das Vorsichts- und Niederstwertprinzip des OR. Ein Nachholen der in früheren Steuerperioden nicht geltend gemachten Abschreibungen ist steuerlich nicht zulässig; weder das Totalgewinnprinzip noch Treu und Glauben gebieten hier eine Ausnahme, da die Veranlagungen rechtskräftig sind (E. 4.2). Die Beschwerde des Kantons Zürich wurde gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der ursprüngliche Einspracheentscheid wiederhergestellt.
